Traum oder Wirklichkeit - IPS Stipendiatin Enisa Allmuca berichtet über ihre Erfahrungen in Berlin

13.08.2014

Wie ich am liebsten meinen Tag verbringe? Nur wach? Mit offenen Augen? Nein, das ist nicht meine Art und Weise! Das ist nicht genug! Man muss immer was Neues machen, oder besser gesagt: Man muss immer versuchen was Neues zu machen. „Nur ein großer Wille erreicht große Ziele!“ - das ist mein Lebensmotto! So kommt man weiter… Ich habe schon zeitig andere Länder besucht, immer wollte ich etwas von der Welt sehen, Erfahrungen sammeln und viel reisen. Nach Stipendien habe ich immer viel im Internet gesucht und wenn ich was gefunden habe, wurde eine Bewerbung sofort abgeschickt. Aber dieses Mal war es mit dem Praktikum im Bundestag ganz anders.

Ganz zufällig habe ich durch einen Aufenthalt in Deutschland vor zwei Jahren von dem Programm erfahren. Eine Projektleiterin aus Albanien und ein Projektleiter aus dem Kosovo waren ehemalige IPS-Stipendiaten. Sie haben mir von dem Programm erzählt und sagten mir, wie toll das war. Daraufhin hab ich mir weitere Erfahrungsberichte angeschaut, die dies bestätigt haben und mich schließlich dazu bewogen haben, mich zu bewerben. Für die Bewerbung war der erfolgreiche Abschluss eines Bachelors nötig. Deswegen musste ich noch ein Jahr warten, bis ich mit dem Bachelorstudium fertig war. Dann habe ich mein Masterstudium angefangen und ich habe mich entschieden, die Bewerbung in das zweite Jahr meines Masterstudiums zu verschieben. So habe ich es gemacht! Die Fachrichtung spielt gar keine Rolle. Eigentlich hatte ich mir allerdings mit meinem Wirtschaftsinformatik-Studium nicht so viele Hoffnungen gemacht, weil ich dachte, dass Studenten eines politikwissenschaftlichen Studiums bevorzugt werden. Nachdem ich die erste Auswahletappe mit meiner Bewerbung geschafft hatte, wurde ich zu einem Auswahlgespräch in die Deutsche Botschaft in Albanien eingeladen. Da ich mich bisher nicht so gut mit der deutschen Politik auskannte, musste ich mich erst einmal intensiv vorbereiten. Das Gespräch fand dann mit dem Bundestagsabgeordneten Herr Gero Storjohann, Prof. Dr. Frank Behrendt von der Technischen Universität Berlin und Dr. Helmut Winkelmann statt. Gefragt wurde ich zu meinen Einschätzungen zur Politik in Deutschland, aber auch in Albanien und Europa. Auf das Auswahlergebnis musste ich nicht lange warten. Noch am selben Tag erhielt ich die Zusage! Traum oder Wirklichkeit? Das fragte ich mich in dem Moment, als ich die Zusage bekommen habe.

Das war alles unglaublich bis ich schließlich nach Berlin umgezogen bin. Alles hat hier angefangen. Am 3. März 2014 war mein erster Tag in Berlin. Alles war mir fremd! Manchmal hatte ich das Gefühl, dass Berlin zu groß ist und dass ich viel Zeit verbringen werde, um mich genauer einzuleben. Dennoch habe ich mich sehr schnell wie zu Hause gefühlt!
Was ich theoretisch vor einem Jahr auf der Bundestags-Webseite gelesen habe, klingt jetzt am Ende des Programms für mich viel sinnvoller. Mein Wunsch wurde erfüllt, ich bin bei der CDU/CSU-Fraktion, bei einem jungen Abgeordneten, Herrn Marian Wendt. Ich habe im Internet gesucht und habe bemerkt, dass die Themen, mit denen Marian Wendt beschäftigt ist, sehr interessant sind. Dazu gehören Familien-, Jugend-, Renten-, Innenpolitik und die Digitale Agenda. Von besonderer Bedeutung war für mich die Digitale Agenda. Dort konnte ich mich wegen meines Studiums sicher fühlen. Nicht nur vom politischen Bereich habe ich profitiert, sondern auch in meiner beruflichen Entwicklung. Das war ein gutes Zeichen dafür, dass alles gut laufen wird. Seit dem ersten Tag wurde ich sowohl von den Mitarbeitern als auch von Herrn Wendt recht herzlich empfangen. Frau Gempe und Herr Voigt waren immer hilfsbereit, mich in die tägliche Arbeit einzubinden. Ferner haben sie mir nicht nur organisatorische, sondern auch inhaltliche Aufgaben erklärt, beispielsweise wie man einen Vermerk schreiben kann.
Ich muss zugeben, dass ich Glück hatte, im Büro von Herrn Marian Wendt arbeiten zu dürfen. Mit der Arbeit im Büro war ich sehr zufrieden und was mir am meisten gefallen hat, ist dass ich viele Aufgaben von meinem Abgeordneten direkt bekommen habe und dass zwischen dem Chef und den Mitarbeitern keine Hierarchie bestand.
Neben meiner täglichen Arbeit habe ich Recherchen zu vielfältigen Themen gemacht, Berichte geschrieben und Präsentationen vorbereitet, sowie einige Bürgerbriefe beantwortet. Während meines Praktikums hatte ich die Gelegenheit, vielen interessanten Treffen und Sitzungen mitzuerleben. Zudem durfte ich Ausschuss-, Arbeitsgruppen-, Fraktions- und Plenarsitzungen sowie Workshops im Bundestag besuchen und direkt von den Entscheidungsträgern über die Gesetzgebung in Deutschland lernen. Dabei gab es viele interessante Themen, wie z.B. E-Government im Ausschuss für Digitale Agenda oder die Debatte über den Abgeordneten Sebastian Edathy im Innenausschuss. Das bedeutet es, meiner Meinung nach, Politik hautnah erleben.

Total beeindruckt war ich, als Herr Wendt sich an mich gewandt hat, um Informationen über Albanien und über die politische Lage vor Ort zu recherchieren. Herr Wendt hat Interesse an Albanien gezeigt und demzufolge habe ich mich wohl gefühlt. Die Flüchtlingspolitik war ihm von besonderer Bedeutung, denn während meines Praktikums gab es die Abstimmung zum Thema “Sichere Drittstaaten in Bezug auf die Flüchtlingspolitik” auf dem Balkan. Das habe ich gerne gemacht! Ich hoffe darauf, dass die Schwesterpartei der CDU in Albanien weiterhin an der Zusammenarbeit mit Herrn Wendt interessiert ist, denn beide Seiten sind bereits miteinander in Kontakt getreten. Jetzt nachdem Albanien ein Beitrittskandidat der Europäische Union ist, wird es weiteren Fortschritt im Land und in den Beziehungen zur EU geben.

Interessant für mich waren auch die deutsch-italienischen Beziehungen und die Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Rom. Jeden Tag habe ich den Pressespiegel von Italien gelesen. Wegen der Italienreise von Herrn Wendt habe ich auch Kontakte mit der KAS in Rom geknüpft. Manchmal habe ich auch Übersetzungen DE-IT oder IT-DE angefertigt. Zudem habe ich Recherchen über „Mare Nostrum“, Flüchtlingsaktionen in Italien und andere aktuelle Themen durchgeführt.
Beim “Fischia il Vento” mit dem weltberühmten Journalist Gad Lerner hatte ich die Möglichkeit, Herrn Wendt während des Interviews zu begleiten. Frau Patricia Liberatore, Projektkoordinatorin des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Rom und für zwei Wochen Hospitantin im Büro Wendt, war ein ganz besonderer Gast. Sie hat einen Artikel über mich geschrieben und das war sehr überraschend für mich.

Wahlkreisreise! ­Die Zeit verläuft so schnell und jetzt ist mein Praktikum fast zu Ende. Meine Wahlkreisreise war einer der interessanten Erlebnissen während des Programmes. Mein Abgeordneter kommt aus Nordsachsen, genauer gesagt aus Torgau. Früher war ich noch nie da. Es war mein erster Besuch. Alles war so schön und ruhig. Ich hatte den Eindruck, dass ich hier richtig frei atmen kann, weg vom großen „Multi-Kulti“ Berlin. Vier Wahlkreisbüros in vier schönen Städten hat Herr Wendt: in Torgau, Delitzsch, Oschatz und Eilenburg. Dort hatten wir intensive Tage, die voll mit Terminen vor Ort und mit Gesprächen mit Ärzten und Geschäftsführern waren. Alles war sehr interessant: Termine mit Torgauern nachmittags, Abendessen mit dem Abgeordneten, Stadtführung, Kaffee mit Anja Otto, die zu diesem Zeitpunkt gerade ein Praktikum im Wahlkreisbüro Torgau absolvierte. Nett, lieb, neugierig auf Albanien und sehr gastfreundlich - so kann ich die Leute aus Torgau beschreiben. Im Torgauer Geharnischtenverein treffen sich junge und ältere Leute, alle zusammen in Vorbereitung für ein großes Fest, das bald stattfindet. Aber dieses Mal ist es nicht nur ein Treffen zwischen den Mitgliedern. Ein Mädchen aus der anderen Ecke Europas war auch dabei! Darüber haben sie sich sehr gefreut. Sie haben mir einen Teil der Geschichte Torgaus erzählt und mir auch ein Paar Fotos von anderen Veranstaltungen gezeigt. Mit Schnaps, Bier und dem Besuch einer Kirche war der letzte Nachmittag in Torgau einfach super. Danach war ich in Delitzsch in einer alten traditionellen Kneipe und nahm ein Stück von Delitzschs Tradition mit. Voll mit Emotionen und Eindrücken, genoss ich meinen letzten Tag in Delitzsch. Die Sonne war am Ende auch weg, vielleicht um mir zu zeigen, dass ich noch Zeit hier verbringen muss…

Obwohl der Alltag in Deutschland sich von dem in der kleinen Balkanrepublik Albanien stark unterscheidet, hoffe ich, dass ich die hier gemachten Erfahrungen in meiner Heimat anwenden kann. Ich sehe hier, wie die Sachen funktionieren, für die es bei uns keine Lösung gibt, und dann denke ich, dass sich manches doch einfach klären lassen müsste. Ich habe den Eindruck, dass solche Erfahrungen sehr hilfreich für die junge Generation sind: Ins Ausland gehen, dort lernen und danach mit Erfahrungen nach Hause kommen und das Land voran bringen.
Ich finde das IPS war ein besonderes und wertvolles Erlebnis. Es bringt so viele wunderbare Menschen aus verschiedenen Ländern, Regionen, mit verschiedenen kulturellen, religiösen und beruflichen Hintergründen zusammen. Ich freu mich, dass ich nach fünf Monaten im Deutschen Bundestag nicht nur viele berufliche Erfahrungen und Kenntnisse gesammelt habe, sondern - was vielleicht noch wichtiger ist - ich fühle mich reicher an vielen guten Freunden aus verschiedenen Ecken der Welt. Aber wie hat dieses Praktikum meine zukünftigen Pläne verändert? Ehrlich gesagt: Früher war die Politik kein Ziel für mich. Durch meine Erfahrungen hier hat sich meine Einstellung aber geändert. Mir ist viel bewusster geworden, was man mit Politik bewegen kann. Vor allem wenn ich an mein  Heimatland denke. Mit neuen Hoffnungen, klaren Ideen und viel Enthusiasmus gehe ich auf den Weg nach Hause. Neue Leute braucht das Land!