Plädoyer für Nationale Ausländerbehörde

26.11.2018
Pressemitteilung

Eine neue, zentrale Nationale Ausländerbehörde würde Zuständigkeits-Wirrwarr lösen.

BERLIN. Auch wenn sie nicht gerade die „Mutter aller Probleme“ sein mag, bleibt die Zuwanderung spätestens seit 2015 eine der wichtigsten Herausforderungen vor Staat und Gesellschaft. Für Asyl, Flüchtlinge und irreguläre Migration sind wir nach wie vor grundsätzlich auf eine umsetzbare, humane und mehrheitsfähige gesamteuropäische Lösung angewiesen. Engstirnige nationale Alleingänge sind weder in unserem noch im europäischen Interesse. Eine klare und koordinierte Strategie auf EU-Ebene bleibt momentan leider nur eine ambitionierte Absicht. Ohne die gesamteuropäische Lösung aufzugeben, sind wir in Deutschland umso mehr gefragt, für eine gesteuerte und zielorientierte Einwanderung sowie für eine effektive und rechtsstaatliche Asyl- und Migrationspolitik auf nationaler Ebene zu sorgen. Denn es bleibt auch heute noch dabei – asylpolitisch sind eben Lesbos, Gibraltar und Sizilien Deutschlands Außengrenzen. Auch wenn im September 2018 die Zahl der Asylanträge mit ca. 13.000 deutlich unter dem Vorjahresmonat und um 14 Prozent weniger als im Vormonat liegt, bleiben Qualität, Beschleunigung und Optimierung von Asylverfahren ein Muss. Wir müssen wissen, wer zu uns kommt und unterscheiden, wer wirklich Schutz braucht, dafür muss das Zuständigkeits-Wirrwarr aufhören. Denn ein Anis Amri mit seinen 15 Identitäten war nur möglich, weil mehrere Behörden von Bund, Ländern und Kommunen nach- und nebeneinander zuständig sind.

Diese Zuständigkeiten sind kaum zu überblicken: Während das BAMF und seine Außenstellen Asylanträge, inkl. Annahme, Prüfung, Anhörung und Entscheidung, bearbeitet, erteilen nach erfolgter Anerkennung oder Ablehnung oder Duldung die Ausländerbehörden von Ländern und Kommunen die entsprechende Aufenthaltserlaubnis und sind mit der Durchsetzung der Ausreisepflicht bei negativem Bescheid betraut. Wiederum den Kommunen obliegen die Unterbringung und Versorgung außerhalb der Erstaufnahmeeinrichtungen und die Integration der Schutzberechtigten. Das BAMF ist für die Sprachkurse zuständig, wobei es auch andere Sprachangebote gibt. Die Bundesagentur für Arbeit und die Jobcenter kümmern sich um die Arbeitsmarktintegration von Asylberechtigten und anerkannten Flüchtlingen. Die Bundespolizei verantwortet die bundesdeutsche Grenzsicherung, während die Landespolizeien allgemeine Sicherheitsfragen und Herbeiführung der Abzuschiebenden als Aufgabe haben. Auswärtiges Amt und Bundesinnenministerium verhandeln mit EU-Drittländern über Rücknahmeabkommen. Wiederum das Bundesinnenministerium schließt bilaterale Verwaltungsvereinbarungen zur Übernahme von bereits in einem anderen EU-Land registrierten Asylbewerber.

Bei so einer Fülle an Akteuren ist die Frage nach Verfahrensoptimierung, Vereinheitlichung und Zentralisierung der bestehenden Strukturen unvermeidlich, wenn wir eine effiziente und kontrollierte Steuerung von Asyl- und Migration anstreben. Das Datenaustauschverbesserungsgesetz von 2015 war ein erster richtiger Schritt und trotzdem: Vernetzung und Austausch können bei so vielen Behörden kaum schnell und reibungslos funktionieren. Das Ausländeramt eines kleinen Landkreises verfügt weder über die notwendigen Kapazitäten, noch über Personal oder technische Ausstattung. So ist es nach geltendem Recht durchaus möglich, dass der gleiche Asylfall in einem Bundesland zur Abschiebung und in einem anderen zur Duldung führt. Statt Ausreise nach 30 Tagen wird so der Aufenthalt verfestigt.

Die Herausforderung liegt also in der Entflechtung, Anpassung und vor allem Zentralisierung. Eine neue, zentrale Nationale Ausländerbehörde ist die richtige Antwort darauf. Sie soll alle wichtigen Kompetenzen im Asyl- und Aufenthaltsrecht bündeln und eine konvergente Entscheidungspraxis gewährleisten. Hierzu gehören die Verleihung einer originären Zuständigkeit für den gesamten Ausländer- und Migrationsbereich, Fachaufsicht, Kontrollbefugnisse, sowie bundesweit viele regionale Außenstellen. Durch Schaffung bzw. Vernetzung entsprechender Datenbanken soll sie jederzeit in der Lage sein, die notwendigen Informationen (Einwohnermeldedaten, Ausländerzentralregister, Sozialversicherungs- sowie ausländerrechtlicher Status, etwaige Straffälligkeit, etc.) abzurufen. Kommunen und Länder sollen dann die Integration und Betreuung von Personen mit festgestellter Bleibeberechtigung übernehmen, während die Bundespolizei die Abschiebungen verantwortet und durchführt.

Die Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückführungszentren gehen hier bereits in die richtige Richtung. Eine Nationale Ausländerbehörde bleibt für mich, auch vor dem Hintergrund künftiger Fachkräftezuwanderung, jedoch die beste Lösung. Nur so können wir wieder das bestehende Recht durchsetzen.