Nicht durch die Hand, sondern an der Hand sterben

05.01.2015

Nicht durch die Hand, sondern an der Hand sterben

Plädoyer für mehr Hospize statt Beihilfe zur Selbsttötung

Der wissenschaftlich-technische Fortschritt, die Entwicklung der Möglichkeiten der Medizin, der Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung sind erfreuliche Zeichen der Moderne und Früchte des Wohlstands, von dem wir in Deutschland in der Nachkriegszeit kontinuierlich profitieren. Dieser Fortschritt hat jedoch eine Kehrseite: Vor uns als Gesellschaft stellt sich die Frage, ob alles, was technisch machbar ist, auch ethisch zulässig ist. Moralisch vertretbare Lösungen strittiger medizinethischer Fragestellungen zu finden, genau vor solchen Herausforderungen stehen meine Abgeordnetenkollegen und ich immer häufiger. Der Schutz des menschlichen Lebens ist für mich als Christdemokrat oberste Priorität meines politischen Handelns. Krankheit, Leid und unvermeidlich der Tod gehören zweifelsohne zum Leben.

Stellt das Sterben in Würde in unserer turbulenten, auf Erfolg, Wachstum und Fortschritt ausgerichteten Zeit noch einen Wert dar? Wie viele Menschen in unserem Land können sich ein würdevolles Lebensende leisten? Sind wir als Gesellschaft bereit, darüber ernsthaft nachzudenken? Mit diesen schwierigen Fragen werden wir konfrontiert, wenn wir immer wieder hören, dass es Vereine und Menschen unter uns gibt, die – häufig auch gegen Geld – anderen Menschen „helfen“, sich das Leben zu nehmen.

Körperliche Schwäche, unheilbare Krankheiten, aber immer häufiger Depressionen, Einsamkeit und nicht zuletzt die Angst, Angehörige zu belasten, treiben aus Verzweiflung viele Menschen zum unumkehrbaren Schritt.

Dass das Geschäft mit dem Tod inakzeptabel ist und verboten gehört, steht für mich fest. Genauso klar ist es: die Hospiz-und Palliativarbeit ist ein wichtiges und wertvolles Thema, das jeden von uns betrifft, über den sich jeder Gedanken machen und seine Festlegungen dafür treffen sollte.

Das Thema Hospiz ist ein in Deutschland verhältnismäßig „junges“ Thema, welches noch intensiver in unsere Gesellschaft hinein kommuniziert werden sollte. „Wie willst Du sterben? Wo willst Du sterben? Was wünschst Du Dir am Lebensende?“ sind Fragen, die jeden Einzelnen und uns alle als werteorientierte Gesellschaft unmittelbar betreffen. Eine auf das christliche Menschenbild ausgerichtete Antwort kann nur lebensbejahend sein.

Politische Lösungen finden heißt, eine flächendeckende Hospiz-und Palliativversorgung zu installieren und finanziell zu untersetzen, durch die ein menschenwürdiges Leben und Sterben in unserer Gesellschaft ermöglicht werden kann. Damit wird unser gesellschaftlicher Konsens: „Nicht durch die Hand, sondern an der Hand sterben“ bekräftigt.

Mit der Verankerung des Hospiz-und Palliativgedankens in unserer Gesellschaft, wurden in den zurückliegenden Jahren vielfältige Angebote für die Umsetzung dieser gesellschaftlichen Haltung im ambulanten und im stationären Bereich der Versorgung und Begleitung etabliert. Besonders nennenswert und wichtig für die Hospiz-und Palliativarbeit sind aus meiner Sicht die Bereiche:

  • ambulante Hospiz-und Palliativdienste
  • spezialisierte Ambulante Palliativversorgung
  • Palliativstationen
  • Tageshospize sowie stationäre Hospize

Ergänzend dazu qualifizierten sich Menschen weiter, um trauernde Hinterbliebene zu unterstützen oder um Eltern beizustehen, die um ihr Kind trauern.

Menschen, die am Lebensende palliativ und hospizlich betreut werden, können diese Haltung unserer Gesellschaft dankbar erleben. Angehörige erfahren Unterstützung und Zuspruch, denn mit einer alleinigen Betreuung und Begleitung sind sie vielfach überfordert.

Bei meinen Vor-Ort-Besuchen in medizinischen Einrichtungen, wie z. B. in der Palliativstation der Oschatzer Collm-Klinik, erfahre ich ganz direkt weiteren politischen Handlungsbedarf.

Als Gesellschaft sind wir auf dem richtigen Weg, wenn der Sterbeprozess als ein Lebensabschnitt gesehen wird, der zum Leben gehört und aus diesem Grund die aktive Sterbehilfe abgelehnt wird.

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – diesen Grundsatz politischen Handelns steht im § 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Dieser wichtige Satz der Väter des Grundgesetzes hat nichts an Bedeutung verloren und prägt die Gesetzgebung des Bundes bei der Förderung der Hospiz-und Palliativarbeit. So wurde im 5. Sozialgesetzbuch der Rechtsanspruch auf Leistungen für eine menschenwürdige Sterbebegleitung gesetzlich verankert.

Weil mir das Thema der menschenwürdigen Sterbebegleitung so wichtig ist, engagiere ich mich im Vorstand des neu gegründeten Fördervereins „Hospizarbeit Nordsachsen e.V.“. Dieser Förderverein hat sich zum Ziel gesetzt, die Arbeit der Hospizdienste im Landkreis zu unterstützen und plant den Bau eines stationären Hospizes für den Landkreis Nordsachsen in Torgau. Sehr gerne übernahm ich die Schirmherrschaft über den 1. Nordsächsischen Hospiztag und es war mir eine große Ehre, den Hospiztag am 11. Oktober 2014 eröffnen zu dürfen. Dabei ist das flankierende Engagement christlich motivierter Einrichtungen sehr erfreulich und begrüßenswert.

Die Unterstützung zur weiteren Umsetzung des Hospiz-und Palliativgedankens ist mir ein wichtiges Anliegen und ich habe die Absicht, mich weiterhin mit Nachdruck dafür einzusetzen. Es geht mir nicht nur um aktive Unterstützung von Hospiz und Palliativstationen in Torgau und Nordsachsen. Im parlamentarischen Verfahren trage ich eine Gesetzesinitiative von Bundestagsabgeordneten mit, welche eine notwendige und vernünftige Regelung im Bereich der sogenannten Sterbehilfe anstrebt. Als überfraktionelle Abgeordnetengruppe wollen wir die Tätigkeit von Vereinen, die gewerblich Sterbehilfe leisten und von der Not der Menschen profitieren, konsequent unterbinden. Insbesondere ist ein – wie auch immer gearteter – „ärztlich assistierter Suizid“ entschieden abzulehnen. Beihilfe zur Selbsttötung darf nicht zu einer normalen medizinischen Behandlungsoption werden.

Deshalb ist es mir ein Anliegen, dass aus der Ebene der Bundespolitik, wichtige Impulse für die Etablierung von Hospiz- und Palliativleistungen in die Gesellschaft hinein zu senden. So bin ich guter Dinge, dass bereits vor der parlamentarischen Sommerpause eine Abgeordneten-Mehrheit für den Schutz des menschlichen Lebens, für eine Stärkung der Palliativ- und Hospizarbeit über die Fraktionsgrenzen hinaus zustande kommen wird.