„In der Politik ist es wichtig, eine positive Ungeduld zu haben"

26.09.2014

Marian Wendt über sein erstes Jahr im Bundestag, den Ausbau der B 87 und Kanzlerin Merkel

Kreisgebiet. Seit einem Jahr sitzt der Nordsachse Marian Wendt (29, CDU) für die Region zwischen Delitzsch und Torgau im Deutschen Bundestag und dreht am großen Rad der Politik. Wie sein Arbeitsalltag aussieht, was er bisher erreichen konnte und warum der Ausbau der B 87 europäisch gedacht werden muss, erzählt er im LVZ-Interview.

Wenn Sie auf ihr erstes Jahr als Mandatsträger blicken - woran erinnern Sie sich besonders?

Das war natürlich die erste konstituierende Sitzung, das erste Gespräch mit Herrn Lammert und Herrn Altmaier. Aber auch die erste namentliche Abstimmung zu einem Militäreinsatz in den Sudan, die ganze Situation um das Rentenpaket und was mir auch immer in guter Erinnerung bleibt für unsere Region ist der Kampf um die B 87.

Würden Sie die B 87 und deren Ausbau als eines Ihrer Schwerpunktthemen für Nordsachsen bezeichnen?

Ja, das kann man so sagen, weil es ein Projekt ist, das den ganzen Landkreis betrifft und das ich als sehr wichtig und notwendig erachte.

Wie ist der Stand der Dinge?

Wir kämpfen gerade darum, dass die B 87 im neuen Bundesverkehrswegeplan eine hohe Priorität bekommt. Ich habe jetzt die Kollegen zusammengerufen, die entlang dieser Straße ihren Wahlkreis haben, also alle von Leipzig bis Frankfurt an der Oder. Ich bin auch bereits in der Kontaktaufnahme mit den polnischen Abgeordneten, weil die ganze Sache europaweit gedacht werden muss. Deshalb müssen wir auch die polnischen Kollegen überzeugen, dass sie sich für den Ausbau aussprechen, weil es ganz einfach auch für die Verkehrsinfrastruktur in Polen wichtig ist.

Also Stück für Stück versuchen Sie auf die Dringlichkeit einer besser ausgebauten Straße aufmerksam zu machen.

Genau, Gespräche mit Ministern führen, wir haben ein großes Forum geplant, sind gespannt, was das sächsische Verkehrsministerium macht mit dem dann definitiv neuen Verkehrsminister. Da müssen wir noch abwarten. Aber das Ziel ist ganz klar: Die B 87 muss in den vordringlichen Bedarf plus in den Bundesverkehrswegeplan.

Das bedeutet?

Plus bedeutet oberste Priorität. Solche Projekte werden vordringlich geplant, umgesetzt und finanziert.

Die Finanzierung wäre dann automatisch gesichert?

Richtig. Weil es viele Verkehrsvorhaben auf Bundesebene gibt, hat man diese in Kategorien eingeteilt, um damit letztlich Prioritäten setzen zu können. Die B 87 hat aus meiner Sicht oberste Priorität.

An welche Aufgaben konnten Sie in Ihrem ersten Jahr einen Haken machen?

Wo man schnell einen Haken machen kann, sind Bürgeranfragen und Gespräche. Das sind auch für mich die kleinen, alltäglichen Erfolgserlebnisse. Zum Beispiel bei einem Bürger in Dahlen konnte ich bei einer Grundstücksangelegenheit vermitteln. Ansonsten hat man bei großen Sachen wie im Bereich Digitalisierung eher mit Teilprojekten Erfolg. Jetzt haben wir die digitale Agenda festgeschrieben - Haken dran. Nun geht’s an die Umsetzung.

Sind solche Prozesse, weil sie von langer Dauer sind, nicht auch frustrierend?

Wenn es um meine Lieblingsthemen geht, bin ich ziemlich ungeduldig. Aber in der Politik ist es wichtig, eine positive Ungeduld zu haben, weil man dann das Thema schneller drücken kann. Natürlich müssen oft verschiedene Gremien gehört werden und auf die Haushaltslage kommt es an. Es ist ja nicht so, als würde man eine Geburtstagsfeier planen. Viele Dinge brauchen einfach Zeit.

Wie schaffen Sie den Spagat Berlin und vor Ort sein im Wahlkreis?

Ich habe ein gutes Büro, fleißige und engagierte Mitarbeiter. Und ansonsten muss man konsequent planen. Es gibt Berlin-Tage und Tage im Wahlkreis. Das trenne ich strikt. Deshalb bitte ich auch um Verständnis, wenn ich mal Einladungen ausschlagen muss. Ein Vorteil ist, dass man von Delitzsch in einer Stunde mit der Bahn in Berlin ist. Da haben es die Kollegen vom Bodensee schwerer.

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?

Ich sage ja immer, dass ich nicht in dem Sinne auf Arbeit bin. Man ist immer Ansprechpartner und denkt über Dinge nach, ob man abends die Tagesschau sieht oder gerade in der Zeitung gelesen hat. Von der Terminkette her ist ein Tag immer gut gefüllt, vor allem in Berlin, aber ich versuche mir auch Freiräume zu schaffen für Familie und Freunde.

Wie oft hatten Sie schon mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zu tun?

Man trifft sich öfter im Plenum, man grüßt sich, man erzählt sich mal einen Witz im Fahrstuhl. Thematisch eher weniger, weil sie zurzeit sehr engagiert ist in der Europa- und Außenpolitik.

Haben Sie Ihren Job schon mal bereut?

Nein, die Kandidatur war die richtige Entscheidung. Es ist eine große Freude, man lernt so viel kennen, wie das Leben und die Gesellschaft funktionieren. Und das ist das Spannende. Deshalb bin ich auch viel und gern vor Ort, rede mit den Menschen, um ein Gefühl zu bekommen, welche Auswirkungen eine Entscheidung im Bundestag letztlich auf den Einzelnen hat.

Interview: Nico Fliegner